Eine Weihnachtsgeschichte

Eine Weihnachtsgeschichte

vom Autor der Reihe „Digitalisierung 4.0“

Elmer war ein kleiner, programmierbarer Roboter aus einer Bielefelder Fabrik, also das kann man jetzt sehen wie man will. Seine Hauptfunktion war es, in einen ICE einzusteigen, durch die Gänge zu gehen und am anderen Ende wieder auszusteigen. Im Vorbeigehen sollte er dann alle Sitzplatzreservierungen löschen. Leider funktionierte Elmar nicht und man beschloss, ihn wie einen Bento-Journalisten irgendwo auszusetzen.

Elmer

Elmer war heute früh auf. Es war der 24. Dezember und es schneite wie aus Kübeln. Elmer schaute nach oben und dachte bei sich: „100100010010101010“. Oh, das muß ich jetzt erstmal in Menschliche Sprache übersetzen: „Was für ein wunderschöner Weihnachtsmorgen . PAUSE . RECHNERECHNE Wie geschaffen für meine Pläne, als Weihnachtsmann ordentlich aufzutreten!!!“

Elmer konnte den echten Weihnachtsmann nicht ausstehen. Der Kerl war ein verdammter Opportunist. Und konnte das Kind im Laufe des Jahres noch so viel falsch machen, er gab immer und immer wieder Geschenke an solche Blagen. Erinnert sich der fette Sack eigentlich jemals daran, dass das verzogene Rotzgör im Sommer Insekten mit der Lupe verbrannt hat? Das kann für so ein Insekt ganz schön unangenehm sein. Außerdem sitzen die meisten Kinder nicht punkt halb sechs Uhr am Abendbrottisch und beten. Warum bekommt jemand für so ein krasses Fehlverhalten auch noch eine Belohnung? Das ist so falsch!

Elmer wollte das anders handhaben. Wer bös war, mußte auch bestraft werden. Dafür hatte er sich extra seine Elektro-Knute aus Stahltrossen gebastelt. Er schwang sie ein paarmal in der Luft, Elektroblitze stoben aus ihrer Spitze, was zur Folge hatte, dass eine kecke Blaumeise in Zukunft nie mehr so richtig keck sein konnte. „Sehr geil das Ding!!“, dachte er sich. Dann schulterte er seinen leeren Rucksack ohne Geschenke und rollte los. Er fuhr kaum fünf Kilometer weit als sein eingebauter Alarm losging. „Aha, hier wohnt jemand, jetzt wollen wir mal deterministisch sein!“. Er rollte an ein typisches Niedrigenergiehaus mit hübschen blauen Dekorationskugeln im Vorgarten heran.

Seine Scanner identifizierten den Schriftzug „Bei Müllers“ auf dem selbstgetöpferten Namensschild. „Ah, da wohnen Richthofens“, folgerte er messerscharf, denn er war ja noch Version 2.1 und die war in dieser Disziplin noch etwas fehlerbehaftet. Er klingelte. Die Tür öffnete sich. Und schloss sich wieder. Und öffnete sich wieder, Und .. BANG,. da zerbrach der Eisenarm von Elmer die bekloppte Tür und er rollte herein: „Hoo Hoo Hoo! ich bin eine Bäckereifachverkäuferin!“ rief Elmer mit Maximum Volume. Auch hier gab es noch ein paar kleinere Bugs in der Software.

„Eine Bäckereifachverkäuferin?“, fragte Herr Müller. „Nein, natürlich nicht, ich bin der Weihnachtsmann, Du Gebüsch!“, rief Elmer. „Kinder, kommt schnell runter, der Weihnachtsmann ist da“. Türen knallten, man hörte ein großes Gepolter und dann kam Atze, Penner und Endsieg, die Punkersöhne von Herrn Müller. Frau Müller kam auch aus der Küche, sie trug ein Sakko von Armani und dazu passend Accessoires von Rimdi Bianotsche. „Oh, Super, der Weihnachtsmann!“, schrie Atze und warf seine Holstenflasche auf den Roboter. „Den verkackten Weihnachtsmann gibts gar nicht!!!“, schrie Penner zurück, brach eine Diele aus dem Boden und schlug damit auf Elmer ein, der irgendwann in Flammen aufging. Dann stürzten sich die munteren Kids auf den schwelenden Trümmerhaufen und plünderten die elektronischen Innereien von Elmer. Herr Müller spielte derweil ein Lied auf seinem Yamaha Keyboard und – ja – was soll ich sagen? Es war das allerschönste Weihnachtsfest für Müllers in diesem Jahr.

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